Range Rover Sport (2023) im Test: Trifft hier Ruhe auf Sturm?

Für was steht eigentlich die Bezeichnung „Sport“? Bei manchen Herstellern handelt es sich um verkleinerte Versionen bestimmter Modelle, bei anderen Autobauern versteht man darunter hingegen dynamischere Abwandlungen eines Fahrzeugs und bei Land Rover … da gibt es neben dem Range Rover auch den Range Rover Sport, der weder kleiner noch wirklich sportlicher ist. Trotzdem ist die dritte Generation großartig geworden. Versprochen.

Auch wenn sich das Range Rover-Portfolio optisch mittlerweile durch die Bank weg am großen Designwurf namens Velar orientiert, muss sich auch ein Neuzugang irgendwo einordnen lassen. Das geschieht – wenn anhand der Optik nicht mehr möglich – durch die Abmessungen. Und mit einer Außenlänge von 4,95 Metern liegt der Range Rover Sport genau zwischen dem 10 Zentimeter längeren Vollfett-Range (in der SWB-Variante mit kurzem Radstand) und dem 15 Zentimeter kürzeren Velar.

Wenn wir allerdings einen Blick auf den Radstand, die Antriebe, das jeweilige Leergewicht sowie die allgemeine Technik werfen, wird deutlich, dass der Range Rover Sport eher Range Rover als Range Rover Velar ist. Und bevor wir jetzt weiterhin so inflationär die Worte „Range Rover“ verwenden, switchen wir lieber in den Innenraum.

Auch hier orientiert sich der Neuzugang eher an seinem sportlosen Bruder. Abgesehen von einem kleinen Ablagefach vor dem Schalthebel haben die beiden SUVs nämlich fast identische Kabinen. Auch die Ausstattung, die von dem 13,1-Zoll-Pivi Pro-Infotainmentsystem, klaren Linien und einer fantastischen Verarbeitung dominiert wird, ist die gleiche.

Optionen wie die einzigartige Ultrafabric-Vinylpolsterung und geschmiedetes Carbon verleihen dem Sport noch einen eigenen Innenraumstil, aber die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Fahrzeugen sind nicht zu übersehen.

In Deutschland wir das Modell in drei Mild-Hybrid-Dieselversionen (mit 250, 300 oder 350 PS), einer MHEV-Benzinvariante (mit 400 PS) sowie zwei Plug-in-Hybrid-Antrieben (mit 440 oder 510 PS) angeboten. Für unsere Testfahrt waren wir mit einem Teilzeit-Stromer und einem Selbstzünder unterwegs. Kontraste erfahren und so …

Die Plug-in-Hybrid-Modelle verfügen über einen aufgeladenen 3,0-Liter-Reihensechszylinder, eine Lithium-Ionen-Batterie mit 38,2 kWh (31,8 kWh davon sind nutzbar) und einen 105-kW-Elektromotor, der zwischen dem Verbrenner und dem ZF-Achtgang-Automatikgetriebe integriert ist.




 

Die Ladezeiten? 5 Stunden bis 100 Prozent mit einem 7,3-kW-Ladegerät oder 40 Minuten bis 80 Prozent mit einem 50-kW-Gleichstromladegerät. Die Reichweite gibt der Hersteller mit 113 Kilometern an. Ambitioniert.

Wie sind die Antriebe?

Die Abstimmung des 510-PS-Antriebsstrangs in unserem Testwagen ist exzellent. Der Wechsel von Strom zu Benzin, wieder zurück sowie der gleichzeitige Betrieb gelingt reibungslos. Nur in wirklich schwierigen (und wenig alltäglichen) Situationen kann man den PHEV verwirren. Beispielsweise indem man das Gaspedal kurz zurücknimmt, nur um es dann wieder voll durchzudrücken. Ansonsten verstehen sich alle Komponenten des Antriebsstrangs stets prächtig.

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Interessant ist, dass sich der wohlklingende und akustisch eher zurückhaltende Reihensechszylinder ziemlich linear an der Kraftentfaltung beteiligt. Wie ein wilder Turbobenziner fühlt er sich jedenfalls nicht an und für den zusätzlichen Kick sorgt eher der unter Volllast nur am Rande beteiligte Elektromotor.

5,4 Sekunden braucht das 510-PS-Topmodell mit seinen 700 Nm Drehmoment, um als 2,8 Tonnen schweres Designerstück aus dem Stand die 100 km/h zu erreichen. Das ist schon ziemlich schnell, aber eben nur bedingt sportlich.

Ein BMW X5 xDrive45e ist trotzdem langsamer und schafft den Spurt in 5,6 Sekunden, ein Porsche Cayenne E-Hybrid ist aber sogar in 5,0 Sekunden auf Landstraßentempo. Und bei 242 km/h ist im Range Rover Sport dann auch schon wieder Schluss. Dafür lässt der EV-Modus mit maximal 150 km/h ein eher unüblich-hohes Tempo zu.

Der von uns gefahrene Diesel ist was die Leistung angeht mit seinen 300 PS und 6,6 Sekunden von 0-100 km/h auf dem Papier zwar deutlich schwächer, die 650 Newtonmeter Drehmoment von 1.500 bis 2.500 U/min fühlen sich bei 400 Kilogramm weniger auf den Rippen aber aus dem Stand weg brachialer an.

Zudem klingt der Selbstzünder unter Volllast etwas kerniger. Und mit einem ermittelten Realverbrauch, der irgendwo zwischen 8 und 9 Liter je 100 km liegen dürfte, lässt sich angesichts der Größe und des Luxus ebenfalls ganz gut leben.

Und wie fährt er sich sonst?

So gut die Antriebsstränge auch sind … das Fahrwerk ist wohl interessanter. Der Range Rover Sport nutzt auch hier dieselbe fantastische Hardware wie der große Range Rover. Allerdings verändert die Software die Balance zwischen Fahrkomfort und sportlichem Handling.

Egal für welches Modell der Baureihe Sie sich schlussendlich entscheiden, jedes verfügt über eine neu gestaltete Luftfederung mit Zweikammerfedern. Eine Kammer ist dabei für dynamische Fahrsituationen, die andere für alltägliche Situationen gedacht – zusammengenommen deckt die Federungshärte also ein breiteres Spektrum ab. Und der Sport ist straffer als ein Range Rover … wenn es darauf ankommt.

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Zusammen mit der Allradlenkung, den aktiven Stabilisatoren und dem Sperrdifferenzial mit bremsbasiertem Torque Vectoring lässt sich dieses gewaltige SUV trotzdem recht vorhersehbar kontrollieren. Die wankenden Karosseriebewegungen sind zwar vorhanden, zeugen in dieser Fahrzeugklasse aber von einer ungewöhnlichen Bereitschaft, die Richtung zu wechseln.

Er macht in Kurven fast sogar ein bisschen Spaß. Also … im Rahmen seiner Möglichkeiten, denn am Ende ist es immer noch so, als ob man versucht mit einem Kreuzfahrtschiff einen Rafting-Ausflug zu unternehmen.

Was man aber mit absoluter Sicherheit sagen kann, ist, wie gut sich der Range Rover Sport sowohl auf der Autobahn als auch in der Stadt fährt. Er ist trotz der Größe relativ übersichtlich und egal ob mit 21- oder 23-Zoll-Felgen ausgestattet, gibt es eigentlich keinerlei Wind-, Straßen- oder Reifengeräusche.

Das geht zum größten Teil auf das Active Noise Cancelling-Konto, das zusammen mit der High-End-Meridian-Musikanlage eingebaut wird. Dann sitzen nämlich in jeder verstellbaren Kopfstütze zwei zusätzliche Lautsprecher, die eine Frequenz erzeugen, die dann die Fahrgeräusche überlagern und aufheben.

Jetzt wird es dreckig … oder auch nicht

Weil ja nicht nur „Range Rover“ und „Sport“ auf der aus einem Guss wirkenden Heckklappe stehen, sondern auch weiterhin „Land Rover“, kann und muss sich dieses SUV auch manchmal dreckig machen. Ausprobiert haben wir das allerdings nicht. Keine Zeit. Ende Gelände.

Aber alleine anhand der Zahlen im Datenblatt lässt sich erkennen, dass einen auch der Range Rover Sport wahrscheinlich mit Leichtigkeit aus der persönlichen Offroad-Komfortzone holen kann. Und zwar obwohl die sportlicher gestaltete Karosse zu schlechten Böschungswinkeln als beim Full-Size-Range führt.

In einem theoretischen Autoquartett stehen demnach 33 (vorne) und 26,9 Grad (hinten) des Sport den 34,7 (vorne) und 27,7 Grad (hinten) des Standard gegenüber. Bei der Bodenfreiheit liegt das größere Modell ebenfalls vorne.

Dasselbe Terrain Response 2-Geländesystem haben aber beide Modelle an Bord. Und da wir mit dem normalen Range Rover etwas mehr Zeit hatten, um auch die zahlreichen Modi für die Untersetzungen, Schlupfregelungen und Fahrwerkshöhen auszuprobieren, empfehlen wir Ihnen hier gerne den entsprechenden Testbericht. Allerdings nur so lange, bis wir den Range Rover Sport mal mit in einen Offroad-Park nehmen dürfen. Realitätsfremd, aber sicher interessant.

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